Wie kommen die Ringe in die Wand?

Wie kommen die Ringe in die Wand?

Felsklettern im Eifeler Basalt bei Mayen

Die Eifel ist vielerorts stark geprägt durch Vulkanismus – auch rund um Mayen. Schon seit der Steinzeit werden hier Tuff und Basalt von den Menschen genutzt und abgebaut. Das vulkanische Gestein Tuff entsteht, wenn sich Ascheströme und Glutlawinen zu Gestein verfestigten. Basalt ist meist dichter als das Tuffgestein, entstanden ist dieser Stein aus dem heißen und flüssigen Magma des Lavastroms. Das Mayener Grubenfeld gehört zu den ältesten und wichtigsten Abbaugebieten dieser Basaltlava.

Um den Stein zu verarbeiten, wurden die Felswände mit Dynamit gesprengt um dann die Brocken mit großen Kränen aus den Gruben zu fördern. Durch die Sprengungen entstanden die einzigartigen Formen und Texturen dieser Felsen. Die Oberfläche ist viel glatter, die Kanten deutlicher als bei naturbelassenem, verwittertem Gestein. Seit den 1960er Jahren sind die Gruben jedoch stillgelegt. Durch die menschliche Einwirkung beim Steinabbau wurde – ungewollt und ungeplant – ein einzigartiges Kletter-Areal geschaffen, das es so kein zweites Mal gibt. Nur natürlich verwitterte Granitfelsen bieten ähnliche Voraussetzungen, wie sie im Kottenheimer Winfeld und in der Ettringer Lay zu finden sind.

Immer mehr Menschen verbringen viel Zeit in der Natur, möchten aktiv sein und entdecken dabei auch den Eifeler Basalt als Spielplatz. Aus den Nachbarländern wie Belgien, Holland, Luxemburg oder sogar aus England kommen Kletterlustige in die Eifel. Doch Vorsicht ist geboten: Vor allem Kletterer, die diesen besonderen Basalt nicht kennen, kommen gerne und schnell ins Schwitzen. Um auf dem Basalt sicher klettern zu können, muss man einige spezielle Techniken erlernen. Wichtig sind beispielsweise mobile Selbstsicherungs-Techniken, diese eröffnen viel mehr Möglichkeiten als die vorgebohrten Routen. Dafür brauchen Kletterer aber besondere Kenntnisse und Erfahrungen, die in Kletterkursen vermittelt werden.

Einer der Fachübungsleiter des Deutschen Alpenvereins (DAV) in der Sektion Koblenz ist Hendrik Kardinal. Durch stetige Weiterbildungen kennt er sich bestens mit den aktuellen Sicherheitsempfehlungen und Methoden aus. Und auch in seiner Geo-Outdoor-Akademie bringt der sportlicher Gipfelstürmer Kletter-Neulingen Sicherheit und Spaß am Felsen und in der Natur näher. Doch Hendrik übernimmt auch die logistischen Herausforderungen bei der Anlage von neuen Kletterrouten. Während früher auch mal weniger Bohrhaken in Ordnung waren, um beim Klettern mehr Nervenkitzel zu haben, werden die Bohrhaken jetzt dichter gesetzt, um die Neulinge im Fels aktiv zu schützen. „Nur für den Austausch alter, defekter Haken gibt es ein Kontingent des DAVs“, gibt Hendrik an, er übernimmt die Anschaffung und Montage der Bohrhaken für neue Routen meist aus eigener Tasche.

Den passionierten Alpinisten treffe ich am Fuße einer Felswand in einer der ehemaligen Basaltabbau Gruben von Ettringen. Ein drahtiger Mann Anfang 50, schwarze Locken im legeren Zopf zusammengehalten und einem unverkennbaren Leuchten in den Augen. Heute will er eine neue Kletterroute einrichten, schaut sich dafür aufmerksam um und ist mit einer bemerkenswerte Leichtigkeit immer offen für spannende, kletterbare Linien im Felsen. Hendrik gehört zu einer Handvoll Menschen, die den alten Gruben zu neuem Leben verhelfen, indem sie diese kletterbar machen. Unser gemeinsamer Tag wird von putzen und einbohren bestimmt sein, dabei unterhalten wir uns über die geplante Route und auch über die besondere Kletterei, die hier stattfindet.

Seine Freude am Klettern teilt Hendrik gerne mit anderen. Die von ihm – im wahrsten Sinne des Wortes – entdeckten Kletterrouten macht er für alle erklimmbar. Dafür bohrt und klebt er in seiner Freizeit Haken in die Basalt Wände – und das schon seit über 20 Jahren. Diese Bohrhaken verringern das Risiko beim Klettern: Im Falle eines Abrutschens oder Sturzes dienen sie als Umlenkpunkt für die Anleinseile und verhindern den Aufprall am Boden. „Diese Route kann sogar noch mein Enkel klettern”, sagte er beim Wegwischen der letzten Klebereste. Obwohl Hendrik noch gar kein Opa ist, bedeutet seine zuversichtliche Aussage doch, dass er hier etwas geschaffen hat, was vielen Menschen für lange Zeit Freude bringen wird. Warum er fast seine ganze Freizeit dafür einsetzt, frage ich ihn, „Ganz einfach: es macht mir Spaß! Ich klettere gern, draußen in der Natur, auf dem Basalt.”
Im Rahmen seiner Geo-Outdoor Akademie bringt er auch Fels Neulingen den richtigen Umgang mit Seil, Schlingen und Sicherungsgeräten bei. Ambitionierte Kletterer können sich dann steigern und Rissklettern bzw. deren Absicherung von ihm lernen. Den Kurs habe ich auch schon bei ihm gemacht und kann es nur bestens empfehlen.

Die überregionale Bedeutung des Mayener Basalts begann nicht mit der Kletterei. Seit der Jungsteinzeit nutzen Menschen die Gesteine aus den Lavaströmen in der Vulkaneifel. Mit den Römern begann der Abbau im größeren Stil und auch der Export. Das Besondere an unserem Basalt ist die Porosität, die durch die Freisetzung der im zähflüssigen Lava enthaltenen Gase beim langsamen Abkühlen entsteht. Diese Poren sind fein genug, um als Reibefläche zu dienen. So wurden im Römischen Reich Mühlsteine von Mayen aus nach Britannien, an die Nordsee, aber auch ins Pannonische Becken (heute Ungarn) transportiert. Ab dem 19. Jahrhundert begann mit der industriellen Revolution die Nachfrage für Basalt als Material für den Straßenbau. Vor allem als Schotter für Bahnstrecken und als Pflasterstein. Die vielen Neuerungen um die Jahrhundertwende ließen auch die Gruben nicht kalt. Durch die Bahnverbindung Mayen – Andernach erfuhren die Basaltgruben auch Elektrizität. Der Untertagebau wurde an die Oberfläche gebracht mit elektrischen Kränen und Presslufthämmern. Die Landschaft erfuhr vielerorts massive Umformungen. Halbe Hügel wurden abgetragen, um über Schiffe in ganz Europa exportiert zu werden. Auch viele Gebäude wurden mit Eifeler Basalt und Tuff errichtet.

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges wird immer weniger abgebaut. Es spielten viele Faktoren mit ein, jedoch sind die Gruben von Ettringen, Mayen und Kottenheim weitestgehend erschöpft gewesen. Seit den 1970ern wird nur noch in wenigen, aber dafür umso größere Gruben mit schweren Maschinen abgebaut.

Die ersten Kletterrouten wurden in den 1980ern im Kottenheimer Winfeld erschlossen. Hier sind die Wände mit wenigen Ausnahmen relativ niedrig und daher gut einsehbar. Auch gibt es hier mehr blockiges Gelände mit Rissen in Hand- und Fingerbreite. Dies kam den Kletter Pionieren am Basalt zugute. Die Art der Kletterei am Basalt ist nämlich ganz anders als z.B. an Kalk.

“Die Kletterei sucht in Art, Qualität und Vielfalt nach wie vor ihresgleichen, was ganz besonders für die Risskletterei gilt.”

– Alexander Schmalz-Friedberger

Durch die Aufspaltung der homogenen Lavamasse in sechskantige Säulen beim Abkühlen entstehen vertikale Risse jeder Größe. Manche sind so groß, dass man mit dem ganzen Körper hineinrutschen kann. Andere sind so schmal, dass sie nur mit dünnen Keilen und anderen Hilfsmitteln erklommen werden können. Zwischen den zwei Extremen gibt es aber vor allem viele Finger- und Handrisse, die man mit entsprechenden Bewegungstechniken wunderbar hochklettern kann. Durch den Abbau des Gesteins sind auch viele kleine und große Leisten wie auch Bohrlöcher entstanden. Diese bringen Abwechslung und Vielfalt in die Routen. Die Porosität des Gesteins ist auch essentiell für uns Kletterer. Die gibt die nötige Reibung, um scheinbar glatte Wände antreten und belasten zu können ohne abrutschen. Vor allem am Anfang kann das fehlende Vertrauen in diese Reibung noch für Stresssituationen beim Klettern sorgen.

Quellen:

Hendrik Kardinal www.geo-outdoor-akademie.de
Schwarze Säulen – Kletterführer von Alexander Schmalz-Friedberger, erschienen im Geoquest Verlag in 2012 www.klettern-ettringen.de